Die wichtigsten Informationen und Fakten zum Anlegerschutzgesetz
Das Anlegerschutzgesetz in seiner aktuellen Form gilt bereits seit April 2011. Einige Teile davon traten aber erst im Juli 2011 in Kraft, andere Teile werden erst nach einer längeren Übergangszeit wirksam.
Die wesentliche Absicht des Anlegerschutzgesetzes besteht darin, Anleger besser vor Nachteilen durch eine falsche Beratung und fehlerhaft konstruierte Investmentprodukte zu schützen. Nun stellt sich aber die Frage, was sich denn eigentlich konkret durch das Gesetz ändert.
Hier die wichtigsten Informationen und Fakten zum Anlegerschutzgesetz in der Übersicht:
Das gesetzlich vorgeschriebene Produktinformationsblatt
Bereits 2010 hatten einige Banken und Kreditinstitute auf freiwilliger Basis das sogenannte Produktinformationsblatt, das auch Beipackzettel für Anlageprodukte genannt wird, eingeführt. Die Idee dazu geht auf Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner zurück. Um die Anlageberatung zu verbessern, sollte zu jedem, durch eine Bank verkauften Anlageprodukt ein Informationsblatt erstellt werden, das in kompakter und leichter verständlicher Form über die Funktionsweise des Produktes, die Chancen und Risiken sowie die Kosten informiert.
Da sich die Banken aber nicht auf ein einheitliches Produktinformationsblatt einigen konnten, entstand recht schnell eine Vielzahl von Beipackzetteln in unterschiedlichsten Varianten, wodurch auch ein Vergleich von Produkten mehrerer Banken anhand der Informationsblätter letztlich kaum möglich war. Abhilfe soll hier nun das Anlegerschutzgesetz schaffen, das verbindlich vorschreibt, dass ab dem 01. Juli 2011 bei Anlageberatungen ein Produktinformationsblatt zur Verfügung gestellt werden muss.
Dieses Produktinformationsblatt darf maximal zwei Seiten lang sein, nur bei komplexen Finanzprodukten sind auch drei Seiten zulässig.
Der Beipackzettel für das Anlageprodukt muss in leichter verständlicher und auch für den Laien nachvollziehbarer Form in erster Linie über:
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die Art des Finanzproduktes und seine Funktionsweise,
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die Risiken,
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die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und die möglichen Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen sowie
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die Kosten, die durch die Geldanlage entstehen, informieren.
Werbung auf dem Produktinformationsblatt ist ausdrücklich verboten. Der Anleger muss den Beipackzettel rechtzeitig vor Vertragsabschluss erhalten, entweder in gedruckter oder in elektronischer Form. In elektronischer Form bedeutet, dass das Produktinformationsblatt auch per E-Mail verschickt oder der Anleger lediglich darüber informiert werden kann, wo im Internet er den Beipackzettel abrufen kann.
Wird der Beipackzettel zu spät, nicht oder mit falschen oder unvollständigen Angaben ausgehändigt, können die BaFin ein Bußgeld verhängen und die Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen. Allerdings sieht das Anlegerschutzgesetz auch Ausnahmen vor.
So muss kein Beipackzettel zur Verfügung gestellt werden, wenn es sich nicht um eine Anlageberatung, sondern um eine reine Anlagevermittlung handelt. In diesem Fall berät der Anlagevermittler nämlich nicht neutral, sondern vertreibt das Finanzprodukt im Interesse des Herausgebers. Zudem müssen Anlageberater nur für solche Produkte einen Beipackzettel aushändigen, für die sie auch eine Kaufempfehlung aussprechen. Die Verpflichtung, ein Beratungsprotokoll zu erstellen und zu übergeben, besteht jedoch in jedem Fall.
Inhalt
Die wesentlichen Anlegerinformationen bei Offenen Investmentfonds
Bei Offenen Investmentfonds sieht das Anlegerschutzgesetz kein Produktinformationsblatt, sondern stattdessen die sogenannten wesentlichen Anlegerinformationen vor. Diese werden auch als KID oder KIID für Key Investor Information Document bezeichnet und ersetzen das bisherige vereinfachte Verkaufsprospekt bei inländischen Investmentfonds.
Die wesentlichen Anlegerinformationen müssen in leicht verständlicher Form Angaben zu:
·
der Identität des Sondervermögens,
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den Anlagezielen und der Anlagepolitik,
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den Chancen der Anlage,
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dem Risikoprofil des Fonds, eingeteilt in eine von sieben Stufen in Abhängigkeit zu den Kursschwankungen in der Vergangenheit, sowie
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der bisherigen Wertentwicklungenthalten.
Außerdem müssen praktische Informationen und Querverweise vorhanden sein. Die näheren Inhalte, die Form, die Struktur und die Gestaltung der wesentlichen Anlegerinformationen sind gesetzlich vorgegeben, um so eine maximale Transparenz und Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
Weitere Änderungen durch das Anlegerschutzgesetz
Schon seit April 2011 sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen durch das Anlegerschutzgesetz dazu verpflichtet, nur Finanzprodukte zu empfehlen, die für den jeweiligen Anleger geeignet sind. Die bereits bestehenden Bankenpflichten, eine Anlageempfehlung auf Basis der zuvor eingeholten Informationen über die finanzielle Situation, die Anlageziele, die Erfahrungen und die Kenntnisse des Anlegers auszusprechen, wurden dadurch ergänzt.
Die gesetzliche Neuregelung ermöglicht nun aber auch, Bußgelder zu verhängen, wenn gegen die verpflichtende Empfehlung ausschließlich geeigneter Anlageprodukte verstoßen wird. Zudem sind die Banken dazu verpflichtet, den Anleger darüber zu informieren, wenn bei der Anlageberatung nur ausgewählte oder bevorzugt hauseigene Finanzprodukte empfohlen werden.
Ab November 2012 greift die Regelung, dass nur sachkundige und zuverlässige Mitarbeiter als Anlageberater, Compliance-Beauftragte und Vertriebsverantwortliche eingesetzt werden dürfen. Alle diese Mitarbeiter werden in einer Datenbank bei der BaFin erfasst und hier werden auch Kundenbeschwerden gespeichert, die die Banken der BaFin künftig umgehend melden müssen.
Ebenfalls neu ist, dass die BaFin Verwarnungen gegenüber den Kreditinstituten und ihren Beschäftigen aussprechen und bei schwerwiegenden Verstößen auch bis zu zwei Jahre andauernde Berufsverbote verhängen kann. Das Inkrafttreten der Regelungen zum 01. November 2012 soll sicherstellen, dass sich die Beteiligten entsprechend vorbereiten können. Für Mitarbeiter, die am 01. November 2012 bereits tätig sind, ist die Übergangsfrist bis Mai 2013 verlängert.
Neuregelungen bei Offenen Immobilienfonds
Um das Vertrauen der Anleger, das infolge der Finanzkrise massiv erschüttert wurde, wiederherzustellen, gelten für Offene Immobilienfonds künftig strengere Regeln. So sollen in Zukunft Mindesthaltsfristen und eingeschränkte Rückgabemöglichkeiten kurzfristigen Verkaufswellen entgegenwirken. Die Mindesthaltefrist beläuft sich auf 24 Monate, wobei die beabsichtigte Rückgabe schon zwölf Monate vorher unwiderruflich erklärt werden muss. Diese Regelungen gelten allerdings nur für Anteilsrückgaben von über 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr, so dass sie in erster Linie professionelle Anleger und kaum private Kleinanleger betreffen.
Außerdem räumt das Anlegerschutzgesetz Fondsgesellschaften die Möglichkeit ein, feste Rücknahmetermine festzulegen.
Strenger werden aber auch die Anforderungen an die Fondsgesellschaften. So ist geplant, dass die Immobilien künftig häufiger von einem Sachverständigenausschuss bewertet werden sollen, wobei sich die Häufigkeit an der Anzahl der Ausgabe- und Rücknahmetermine pro Jahr orientiert. Wird ein Offener Immobilienfonds aufgrund mangelnder Liquidität vorübergehend geschlossen und ist die Rücknahme bereits über einen längeren Zeitraum ausgesetzt, verpflichtet das Anlegerschutzgesetz den Fonds dazu, die Immobilien auch bis zu 20 Prozent unter dem vom Sachverständigenausschuss ermittelten Wert zu verkaufen.
Ist die Liquidität 30 Monate nach der vorübergehenden Schließung nicht wiederhergestellt, wird der Fonds abgewickelt. Gleiches gilt, wenn der Fonds die Rücknahmewünsche seiner Investoren zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren nicht bedienen kann.
Anteile, die bereits vor der Gesetzesänderung erworben wurden, sind von den Neuregelungen allerdings komplett ausgenommen, für andere Fonds werden die Regeln erst nach einer Übergangsfrist wirksam. So müssen Offene Immobilienfonds, die vor dem 08. April 2011 bestanden, die neuen Anforderungen erst ab 2013 in vollem Umfang erfüllen.
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Thema: Die wichtigsten Informationen und Fakten zum Anlegerschutzgesetz
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